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Am
5./6. Januar 1919 entwickelte sich ein Föhnsturm, der auf einer Länge von
5 km und etwa 3 km Breite an den südlichen Abhängen der Rotwand, des
Pfanngrabens, des Elendgrabens und der Valepp, ca. 170.000 Festmeter Holz
umwarf. Bei nachfolgenden Stürmen am 16. März und 8. Juli wurden die
noch standhaften Restbestände geworfen.
Es lagen schließlich 290.000 Festmeter Holz (ca. 300.000 Bäume) am
Boden. Die Bayerische Staatsforstverwaltung stand vor der schwierigen Aufgabe,
das Holz so schnell wie möglich zu Tal zu bringen (Borkenkäfer). Eine
Straße zum Spitzing existierte zu dieser Zeit noch nicht. Lediglich ein
schmaler Fahrweg (Alte Spitzingstraße), der jedoch für den Transport mit
größeren Fahrzeugen ungeeignet war, bestand. Die Staatsforstverwaltung gründete zusammen mit der Holzindustrie, Firma
Steinbeis aus Brannenburg, die "Holzwerbung Spitzing GmbH". Nach
eingehender Beratung entschlossen sich die Techniker und Ingenieure zum
Bau einer Waldbahn. Am 18. Februar 1919 - 6 Wochen nach der Sturmkatastrophe!!! lag
ein fertiger Plan mit genausten Daten über die unheimlich schwierige Strecke
vor, sowie eine Aufstellung über die benötigten Arbeitskräfte, deren
Unterbringung und Verpflegung.
Nach umfangreichen Grundstücksverhandlungen, zwangsläufig führte die
Bahn auch über privaten Grundbesitz, konnte mit dem Bau begonnen werden.
Die 12 Kilometer lange Strecke (Nebengleise eingerechnet) führte vom 1911
erbauten Bahnhof in Fischhausen-Neuhaus zur Stockeralm, von dort hoch zum
Spitzingsattel und hinter dem See weiter zur Wurzhütte. Über die
Valepper-Almen führte die Strecke weiter zum Blecksteinhaus und dann
steil bergab zur Endstation bei der Waitzinger-Alm (siehe Plan). Zur Überwindung der enormen Höhenunterschiede zwischen Bahnhof Neuhaus und
Spitzingsattel (320 Höhenmeter) und Waitzingeralm und Spitzingsattel (200
Höhenmeter) wurden 3 Bremsberge zwischen der Stockeralm und dem
Spitzingsattel errichtet, im Bereich des Blecksteinhauses wurde ein Aufzug
gebaut. Ferner waren Brücken über den Dürnbach, Ankelbach,
Laubenriesgraben, Scheißgraben, im Moos, Haushamer-Graben und die Valepp zu errichten. Bahnhöfe wurden an der Stockeralm,
auf dem
Spitzingsattel, bei der Wurzhütte, dem Blecksteinhaus und der Waitzinger-Alm errichtet. Der Bahnbetrieb (Spurweite 600
mm) wurde mit 6 Lokomotiven (45 bis 60 PS),
2 Benzollokomotiven (7 PS) und 170 Doppeltrucks aufgenommen. Die Feuerung
der Lokomotiven erfolgte mit geringwertigem Holz, das in eigenen
Spaltereien und Sägen zugerichtet wurde. Wöchentlich wurden 2000
Festmeter Holz zum Verladebahnhof Fischhausen-Neuhaus gebracht und von
dort mit Wagen der Deutschen Reichsbahn weiter transportiert. Ein erhebliches Problem bei der Beseitigung der Sturmschäden war die
Unterbringung und Versorgung der Arbeiter. Bis zu 4000 Personen wies in
einem Jahr die Besoldungsliste aus. Streicht man den häufigen Wechsel, so
waren immer noch um die 1500 bis 2000 Leute beschäftigt. In Folge der
schweren und sehr gefährlichen Arbeit, das kreuz und quer liegende Holz
konnte zum Teil nur unter Lebensgefahr aufgearbeitet werden, kam es zu
vielen Verletzten und auch Todesfällen. Die Einrichtung einer eigenen und
dauerhaft betreuten Sanitätsstation war daher unumgänglich. Auch eine
Gendamerie mit 2 Beamten wurde eröffnet. In dem Arbeiterheer aus aller
Herren Länder befanden sich natürlich auch zwielichtige Gestalten und
man wollte damit den kriminellen Energien Einhalt gebieten. Für viele Einheimische brachte die Katastrophe nach dem verlorenen Krieg
und in der beginnenden Inflation Arbeit und Lohn. Schlierseer und
Neuhauser Betriebe wurden mit Aufträgen bedacht, so das der
wirtschaftliche Niedergang hier nicht so dramatisch ausfiel wie anderswo.
Natürlich
sind aus dieser Zeit einige Geschichten überliefert.
So wurde am Ganterplatz Grünanger ein Holzknecht aus dem Brixental
tödlich verletzt. Nach den gesetzlichen Vorschriften wäre die
Leichenüberführung umständlich und teuer geworden. Der Tote sollte
eingesargt und mit der Waldbahn nach Neuhaus gebracht werden. Der Holzsarg
hätte dort in einen Zinksarg eingelötet werden und dann in einem
Extrawagon der Reichsbahn nach mehrmaligem Umladen über Holzkirchen und
Kufstein zu seinem Heimatort geliefert werden müssen. Das war seinen
Tiroler Arbeitskameraden zu umständlich. Sie entwendeten den Leichnam aus
einer verschlossenen Kammer, schmuggelten ihn des Nachts über die Grenze
zu einem Verwandten nach Thiersee. Der spannte sofort sein Roß an und
transportierte den Toten am gleichen Tag in seinen Heimatort.
Eine andere Geschichte berichtet von einem Magazinarbeiter namens Harry
Greiner. Er fiel dadurch auf, daß er auch bei größter Hitze
Glacehandschuhe trug. Zur Begründung gab er an, daß er immer an den
Händen schwitze. Als er plötzlich von der Polizei abgeholt wurde, erfuhr
man, daß er am Geiselmord im Frühjahr 1919 im Münchener
Luitpoldgymnasium beteiligt war und Narben an den Händen ein
Erkennungszeichen waren.
Ein anderer, der nach Arbeit vorsprach wich der
Frage nach seinem Beruf aus, weil, wie er sagte ihm doch nicht geglaubt
wird. Nach längerem Befragen legte er jedoch seine Papiere vor, aus denen
hervorging, daß es sich um den Polizeipräsidenten von Bukarest handelte.
Der Mann war in seiner Heimat zum Tode verurteilt und auf der Flucht.
Kurzzeitig wurde er als Bauarbeiter eingestellt. Nach
3 Jahren - 1922 waren die Windbruchschäden beseitigt und die Waldbahn
wurde zurückgebaut. Bereits 1921 begann die Wiederaufforstung (aus
Geldmangel leider nur mit Fichtenpflanzen) durch einige Dutzend
"Pflanzensetzerweiber". Der wirtschaftliche Erfolg des ganzen Unternehmens wurde sowohl durch die
Inflation wie auch durch die von den Signatarmächten des Versailler
Vertrages beanspruchte Teillieferung des Holzes nach Frankreich und
Belgien sehr beeinträchtigt. Nur der Erlös des Verkaufs der Lokomotiven
und Wagen (nach Bernau zum Torftransport) und der Alteisenwert der
Gleisanlagen erbrachten eine kleine Rendite . Heute
sind die Spuren der Waldbahn kaum noch zu erkennen. Die Trassenführung
bildet teilweise noch die Grundlage für Wanderwege. In der Bevölkerung
ist die Waldbahn nahezu vergessen.
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Quellen:
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Diplomarbeit von Gerald Wehrmann, Miesbach
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Der Almbauer April 1997 H. Silbernagl
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Beschreibung von W. Velmering
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Führer des Forstamtes Schliersee 1920
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Bilder
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Heimatmuseum Schliersee
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Besonderer Dank an Herrn Dr. von Hertlein für die Überlassung seines
Materials
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©
2002
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Metz Hans Dieter
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