Einem verregneten November folgte ein Dezember mit Temperaturen
um den Gefrierpunkt. Weihnachten brachte strenge Kälte. Über Neu
Jahr entwickelte sich eine für den Alpenraum immer wieder auftretende
Wetterlage. In den Nordalpen herrschte ein Tiefdruckgebiet mit Regen
und Schnee, in den Südalpen bestimmte ein Hochdruckgebiet das Wetter.
Daraus entstand die typische Föhnlage, wobei sich die im Süden aufgestiegene
warme Luft stark abkühlte und nach Erreichen des Alpenkamms als
warmer, starker Fallwind die nord-südlich verlaufenden Alpentäler
erreichte. Am 4. Januar meldete das Wetteramt München: Wolkenloser
Himmel, klare Sicht, leichter Wind aus Süd bis Südwest, Höchsttemperatur
14,2 Grad C. Am Tag darauf wurde sogar ein Spitzenwert
von 16,8 Grad C erreicht. Der Wetterwart vom Wendelstein vermeldete
eine außergewöhnlichen Fernsicht und böigen Wind aus Süd. In
der Nacht vom 5. auf den 6. Januar steigerte sich dieser Wind im
Tal der Brandenburger Ache zum Orkan mit Windgeschwindigkeiten bis
zu 200 km/h. 30 Minuten, die den wenigen am Spitzing weilenden
Menschen wie Stunden vorkam wütete der Sturm mit brachialer Gewalt.
Nach Tagesanbruch, bei erneut strahlend blauem Himmel bot sich Ihnen
ein gespenstischer Anblick. Kreuz und quer, durch- und übereinander
lag auf dem wenigen Schnee eine gewaltige Menge an entwurzelten
und geborstenen Baumstämmen, unterbrochen durch vereinzelt stehen
gebliebenen aber entgipfelten Einzelbäumen. In einer Schneise
von 5 km Länge und 3 km Breite hatte der nächtliche Sturm ca. 170.000
Festmeter Holz niedergewalzt. Vor allem Flächenwurf, der zwar einen
Teil der Stämme stehen ließ, diese aber meist entgipfelte, war festzustellen.
Außerdem wurden ausgedehnte Waldteile zwischen Rotwand und Brecherspitz
durch Nester und Einzelwurf beschädigt. Teilweise lagen die entwurzelten
Bäume in steilen Hängen meterhoch übereinander. Ein erheblicher
Teil der Stämme war gebrochen und daher als Nutzholz nicht mehr
zu verwerten. Bei Stürmen am 16. März (ca. 42.000 Festmeter)
und am 8. Juli (ca. 68.000 Festmeter) wurden noch standhafte Restbestände
ein Opfer der Naturgewalten. Letztlich lagen also 280.000 Festmeter
Stammholz am Boden. Das entsprach dem 15-fachen Hiebsatz des gesamten
Forstamts Schliersee zur damaligen Zeit. Dem Sturm im Juli fielen
zusätzlich 30.000 Festmeter Holz in den Privatwaldungen oberhalb
von Josefstal zum Opfer. Laut einem Zeitungsbericht vom 6. August
1919 stellte das Nutzholz von hervorragender Güte einen Wert von
vielen Millionen dar.
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