Die Leonhardifahrt zu Fischhausen, eine der ältesten im Oberland


Leonhardifahrt 1905Um die Kellerlinde findet seit unvordenklichen Zeiten jedes Jahr die Leonhardifahrt statt. Wann sie ihren Anfang genommen hat, ist heute nicht mehr festzustellen; 1750 wurde sie als etwas längst Eigeführtes bezeichnet, jedoch betont, dass die Dokumente "in Abgang gekommen seien und näheres nit wüsslich sei". Sie dürfte jedenfalls mit Kreuth zu den ältesten im Oberland gehören. 
In seiner "Conscription der Merkwürdigkeiten und Antiquitäten bey der Pfarr Schliersee" schreibt Pfarrvikar Wolfgang Englhardt am 9. März 1758: "Bey Fischhausen auf der Haiden steht ain Kirchlein, dem heiligen Leonardo dedizieret. Daher wird sowohl von der Pauernschaft aus der Pfarrgemeinde alß umbligenter Nachbarschaft die sog. Leonhardsfahrt angestellt, die Pferd und S.V.Khüevich betr..."Dass aus einer frommen Umfahrt später, wie hierzulande Brauch, ein fröhliches Volksfest wurde, freute Stephan Kögl, 1824 bis 1837 Pfarrherr von Schliersee, gar nicht.
Leonhardifahrt 1925Er schreibt in seinem Bericht über die Fischhauser Kirchweih am 30. Juli 1826, die seiner Zeit mit der Leonhardifahrt verbunden war: "Um 7 Uhr war Frühamt, dann Prozession um die Kirche mit Absingen der Evangelien. Viel Volk versammelt; Lärm, Peitschenknallen. 1/2 9 Uhr Hauptgottesdienst; Amt und Predigt; die Straße zum Kirchlein mit Reutern, Wagen und Fußgängern ganz bedeckt. In starkem Trapp und mit heftigen Knallen gings dreymal um die Kirche herum. Trompeten schmettern ein Soldatenstücklein herunter, daß man sich in eine Bataille versetzt gesehen glaubte. Einige Pursche wagten es, nächst der Kirche wie Drescher im Takt zu knallen. Von 12 bis 2 Uhr wurde noch tüchtig gerauft."
Aber es waren nicht nur diese Erscheinungen, die Graf Montgelas bewogen, diese und andere kirchliche Veranstaltungen wie Passionsspiele, das Frauentragen usw. als "müßig und überflüssig", zu verbieten.
  Als die Leonhardifahrten wieder aufgenommen werden durften, fanden sie in Fischhausen am letzten Sonntag im Oktober, dem "Fischhauser Kirta" statt, einem örtlichen Reservatrecht, das wir auch anderwärts finden, weil am großen Kirchweihtag (3. Oktobersonntag) alles in der Pfarrkirche war. In dieser Zeit hat man auch begonnen, den Zug bereits in Schliersee zusammenzustellen, dem sich dann in Fischhausen die vielen Gespanne aus dem Leitzachtal einfügten.
Seit 1920 findet die Leonhardifahrt wie an den meisten anderen Orten am Festtag des Heiligen (6. November) oder am nächsten Sonntag statt.Leonhardifahrt 2000
Neue Verbotsgefahr für die Leonhardifahrten wie für alle anderen öffentlichen kirchlichen Veranstaltungen (Primizien, Prozessionen usw.) bestand wieder mit Beginn des Dritten Reiches.
Die Leonhardifahrt in Fischhausen hat auch diese Zeit überstanden, wenn sie auch 1943 mangels Pferden nur aus einem einzigen Fahrzeug bestand.
Heute gehört sie wieder zu den größten im Oberland, mit 50 und mehr Gespannen und Tausenden von Gläubigen, die sich an diesem Tag um die Leonhardikirche versammeln.

Quelle: Chronik Schliersee